„Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit“
Predigt zu Jakob, Lea und Rahel (Genesis 25 ff)
Predigtreihe 2024 der Region Ost „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“

von Pfarrer Johannes Kurz, Luther-Melanchthon-Gemeinde

Liebe Gemeinde:
„Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit!“ – dieser Satz geht mir öfters mal durch den Kopf.
Darum hab ich mal nachgeforscht woher ich ihn eigentlich kenne: „Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit!“ sagt die holländische Paartherapeutin Evje van Dampen.
Das ist eine Konstfigur von Hape Kerkeling gewesen und als Evje van Dampen nahm er seinerzeit Paarbeziehungen in den Blick mit all ihren Höhen, Tiefen und Untiefen.
„Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit!“
ich glaube, dass dieser Ausspruch stimmt.

Liebe ist eine Gotteskraft, ja,
Paulus schreibt im ersten Korintherbrief von der Liebe: „Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Die Liebe hört niemals auf.“
Aber um die Liebe muss ich mich auch kümmern.
Ich höre die Paulusworte als Ermutigung, dran zu bleiben an der Liebe, weil im Leben vieles auf mich zukommt, dass droht die Liebe zu verdecken.
Zweifel, Wurt, Kränkungen etwa.

„Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit.“
Das erfährt auch Jakob, erfahren auch Rahel und Lea mit ihm, um die es heute geht:
die Erfahrungen einer Großsippe über vier Generationen hinweg wird im zweiten Teil des ersten Mosebuches erzählt – und es wird darin ein Bogen geschlagen von Abraham und Sara über Isaak und Rebekka bis hin zu Jakob mit Lea und Rahel und seinen Kindern, Dina, Josef und dessen 11 Brüdern.

Und auch wenn die Lebenssituation – Gott sei Dank -heute eine andere ist, wenn auch nicht überall auf dieser Erde, es lohnt sich, da genauer hinzuschauen.

Jakob läuft dem Glück, dem Segen ein Leben lang hinterher, wird uns da ezählt.
Er kommt nach seinem Zwillingsbruder Esau zu Welt, heißt es, dabei hält shon die Ferse seines Bruders fest. Fast als wolle er zeigen: so schnell gebe ich nicht auf, der erste zu sein.
Und tatsächlich luchst er Esau mit einem Linsengericht das Erstgeburtsrecht ab und dem hochbetagten erblindeten Vater Isaak mithilfe seiner Mutter Rebekka den väterlichen Segen.

Daraufhin flieht er vor dem Zorn seines Bruders – seine Mutter schickt ihn zu seinem Onkel Laban nach Haran
– damals ein bekannter Ort im Grenzgebiet zwischen Syrien und der heutigen Türkei.

Auf der Flucht hatte Jakob den Traum von der Himmelsleiter. Gott verspricht ihm, bei ihm zu sein und ihn zu segnen und heil wieder hierher in die Heimat zu bringen. Ihn, den Gauner.

Bis es aber dazu kam, ist noch einiges zu erzählen.

(1) Am Brunnen
Wir lesen, dass Jakob endlich in Haran ankam und sich an einen Brunnen vor der Stadt setzte. Es war ein Brunnen, zu dem die Hirten mit ihren Schafen kamen, um ihnen zu trinken zu geben.
Drei Hirten waren schon mit ihren Herden dort. Aber sie warteten, bis alle anderen auch zusammen waren. Es war üblich, gemeinsam den schweren Stein wegzurollen, der auf dem Brunnenloch lag, um ihn vor Schmutz zu schützen und dann die Schafen und Ziegen gleichermaßen trinken zu lassen, dass alle genug bekamen – oder, was manchmal ja noch wichtiger ist, dass keiner mehr bekam als die anderen.

„Woher seid ihr?“, fragte Jakob die Hirten.
„Wir kommen hier aus Haran“, antworteten sie ihm.
Jakob fragte weiter: „Vielleicht kennt ihr ja auch Laban?“ Die Hirten nickten: „Ja, den kennen wir.“
Jetzt freute sich Jakob sehr. Er war also wirklich angekommen wohin ihn seine Mutter geschickt hatte.

„Geht es Laban gut?“
„Ja, es geht ihm gut“, erklärten die Hirten, „Und dort kommt seine Tochter Rahel mit den Schafen“.
Die Hirten zeigten auf ein Mädchen, das mit den Schafen zum Brunnen kam.

Jakob stand sofort auf. Dann ging er zum Brunnen und wälzte allein den schweren Stein vom Loch.
Er gab den Schafen Rahels zu trinken.
Als er fertig war, ging er zu Rahel und umarmte sie. Jakob weinte vor Freude.
Rahel verstand erst gar nicht, was los war.
Aber dann erklärte Jakob: „Ich bin Rebekkas Sohn.“

Rahel ging sofort heim zu ihrem Vater und erzählte ihm alles und Laban holte Jakob zu sich. Jetzt hatte Jakob Zeit, alles zu erzählen, was geschehen war.
Er konnte bei Laban bleiben. Er half ihm, sich um die Schafe und Ziegen zu kümmern.
Als Jakob etwa einen Monat bei Laban war, kam Laban zu ihm. „Jakok, du arbeitest jeden Tag für mich. Ich möchte dich dafür bezahlen. Was soll ich dir dafür geben?“

Jakob brauchte nicht lange zu überlegen.
In den letzten Wochen hatte er die Familie von Laban gut kennen gelernt. Auch die beiden Töchter Rahel und Lea. Lea war die ältere. Aber Rahel war die hübschere.
Immer wieder musste Jakob sie anschauen.
Er mochte sie sehr. Jakob hatte sich verliebt.
Und daher wusste er sofort eine Antwort auf Labans Frage. „Ich will die nächsten 7 Jahre für dich arbeiten, wenn ich Rahel, deine jüngere Tochter, heiraten darf“, antwortete er.

Laban war einverstanden. Und so arbeitete Jakob in den nächsten 7 Jahren für Laban. Er passte weiter auf seine Tiere auf. Für Jakob verging die Zeit wie im Flug. Denn er liebte Rahel sehr. Immer, wenn er sie sah und mit ihr sprach, freute er sich auf die kommende Hochzeit.
Und er dankte Gott für seinen Segen. Bald bin ich ein glücklicher Mann, dachte er.

(2) Hochzeit hoch zwei
Liebe Gemeinde, endlich war es soweit.
Das Hochzeitsfest begann – Bräutigam und Braut wurden einander feierlich zugeführt – die Braut mit Brautschleier wie es üblich war. Den ganzen Abend bis in die Nacht wurde gegessen und getrunken, getanzt und gefeiert.

Als Jakob am nächsten Morgen erwachte, schaute er zu seiner Angetrauten, die neben ihm lag.
Aber da lag nicht Rahel, sondern Lea, Rahels ältere Schwester. Laban hatte ihn betrogen. Statt Rahel, hatte Laban Jakob seine ältere Tochter Lea zur Frau gegeben.

Jakob war außer sich. Er ging wütend zu Laban:
„Was soll das?“, rief er. „Warum hast du mich betrogen? Ich wollte Rahel heiraten und dafür habe ich 7 Jahre bei dir gearbeitet. Aber du hast mir Lea zur Frau gegeben.“

Laban hob beschwixchtigend die Hände und verteidigte sich mit den Worten: „Bei uns ist es üblich, dass erst die ältere heiratet und dann erst die jüngere. Deshalb konnte ich dir Rahel nicht zuerst zur Frau geben.“

Jakob war sprachlos.
Fast hatte er das glück in der Hand, da entschwand es ihm auch schon wieder.
Er war zutiefst betrübt, er, der Frischvermählte.
Lea war zwar nett, aber er liebte doch Rahel.
Und jetzt?
Laban machte Jakob ein Angebot, das er nicht ablehnen konnte: „Du kannst auch Rahel heiraten. Dann musst du aber noch weitere 7 Jahre für mich arbeiten.“

Manchmal ist Liebe Arbeit, Arbeit, Arbeit.
Was blieb Jakob schon anderes übrig als zuzustimmen?
Jakob wollte auf Rahel nicht verzichten.
Er liebte sie und willigte ein.

Direkt nach der Hochzeitswoche mit Lea gab in Haran darum noch eine große Hochzeit und Jakob heiratete gleich auch Rahel.
So wurde er zum Mann der beiden Schwestern.
Konnte das gut gehen?

(3) Kinderkriegen als Wettkampf
Rahel, Lea und Jakob – das war keine einfache Beziehung, sondern in den Worten von Evje van Dampen: Arbeit, Arbeit, Arbeit.

Der Konkurrenzkampf zwischen Jakob und seinem Bruder Esau, er wiederholte sich jetzt zwischen den beiden Schwestern Lea und Rahel – und dabei ging es um den Nachwuchs, ums Kinderkriegen.

Rahel konnte keine Kinder bekommen, heißt es.
Lea gebar dafür einen Sohn:
Ruben. Sein Name bedeutet: «Seht, ein Sohn».

Jakob liebte Lea aber noch immer nicht so wie sie es begehrte.
Sie bekam einen weiteren Sohn: Simeon («Der Herr hat gehört»). Jakobs Liebe liess noch immer zu wünschen übrig. Nun kam Leas dritter Sohn zur Welt: Levi («Zuwendung»). Jetzt kam Jakob doch noch auf den Geschmack, und Lea bekam Sohn Nummer vier: Juda.

Die geliebte Rahel dagegen blieb kinderlos.
Unfruchtbarkeit galt in der damaligen Zeit als Schande. Von Eifersucht, Zorn und Verzweiflung getrieben suchte Rahel nach einem Ausweg.

«Ich will Kinder, sonst will ich nicht mehr Leben!», schrie Rahel. Sie veranlasste, dass Jakob ihre Magd Bilha zur Nebenfru nhm und mit ihr schlief, damit diese an ihrer Stelle Kinder gebar.

Und tatsächlich: Bilh brachte Sohn Dan zur Welt – Jakobs fünfter Sohn. Rahel sah darin ihren Triumph.
Und sie liess Bilha noch einmal ein Baby austragen. Sohn Nummer sechs: Naftali.
Rahel: «Ich habe mit meiner Schwester einen Kampf ausgetragen. Und ich habe gewonnen.»

Arme, ungeliebte Lea, denkt man da.
Aber Lea konterte.
Sie gab Jakob ihre Magd Silpa zur Nebenfrau.
Es gelang: Sohn Nummer sieben. Gad.
Und das Duo Lea/Silpa legte zu: Sohn Nummer acht. Asser.

Ruben, heißt es, fand auf dem Acker Mandragore-Wurzeln, auch als Liebesäpfel bekannt, weil sie – so der Volksmund – die Fruchtbarkeit förderten.
Rahel hörte davon und kam zu ihrer Schwester Lea und tauschte mit Lea diese Früchte gegen eine Liebesnacht mit Jakob.
Lea wurde – so lesen wir – umgehend schwanger.
Ihr fünfter Sohn (total die Nummer neun) war da: Issaschar. Auf fünf folgt sechs: Lea gebärt auch Sebulon
und später folgte Tochter Dina.

In der Bibel heißt es dann: Gott aber gedachte an Rahel und erhörte sie und machte sie fruchtbar. Sie war guter Hoffnung und gebar einen Sohn. Da sprach sie: „Weggenommen hat Gott meine Schmach.“ Und sie nannte ihn Josef.

Von ihm wird in der Folge dann ausführlich in der Bibel erzählt – aber das ist eine andere Geschichte.

(4) zurück in die Heimat
Als sich Jakob nach einigen weiteren Jahren mit seinem Schwiegervater überwarf, hielten sowohl Rahel als auch Lea zu ihrem Mann und folgten ihm ins Land Kanaan. Wo Jakob sich mit seinem Bruder Esau aussöhnen konnte.

Rahel gebar dann noch einen weiteren Sohn: Benjamin. Sein Name steht, da er der Letztgeborene unter Jakobs zwölf Söhnen war, bis heute als Begriff für den jüngsten in einer Familie.

Seine im Judentum hoch verehrte Mutter starb bei seiner Geburt.
An sie erinnert der Segen, der am Sabbat über die Kinder gesprochen wird: „Gott möge dich gedeihen lassen wie Sara, Rebekka, Rahel und Lea!“ für die Mädchen bzw. „Gott lasse dich werden wie Efraim und
Manasse!“ (die „Enkel“ Rahels, Josefs Söhne) für die Jungen.

Soweit der heutige kleine Einblick in diese biblische Dreiecksgeschichte von Lea, Rahel und Jakob.

Thomas Mann hat diese Ereignisse in den „Geschichten Jaakobs“ literarisch bearbeitet und neben ihm Stefan Zweig und andere.

Ich bin immer wieder überrascht, wie prall voll Leben die Bibel ist – mit all seinen Facetten und seinen Höhen und Tiefen wird es in Beziehung gebracht mit Gott. Vielleicht hat es Ihnen ja Lust gemacht, selber mal wieder in der Bibel auf Entdeckungsreise zu gehen.

Ich denke, Jakob hat auf seiner Suche nach dem Glück dieses eine mehr gelernt als alles andere:
„Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit.“

Der Friede Gottes aber, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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